Der Biomarker Dickkopf 3 (DKK3) korreliert mit dem fortschreitenden Verlust der GFR unabhängig von der Ursache der Nierenschädigung. Nach akuter Nierenschädigung durch COVID-19 zeigt DKK3 im Urin zudem die „Chronifizierung“ des Nierenschadens mit weiterem Verlust der Nierenfunktion an.
DKK3 ist ein Modulator des überlebenswichtigen zellulären WnT-Signalwegs und wird – in Analogie mit dem kardialen Troponin – nur bei einer signifikanten Nierenschädigung von geschädigten bzw. gestressten Tubuluszellen im größeren Umfang in den Urin freigesetzt [1]. Bei nierengesunden Menschen kann es deshalb praktisch nicht im Urin nachgewiesen werden [2]. Die wiederholte Messung bzw. der Nachweis von DKK3 im Urin ist daher ein sehr früher und insbesondere sehr zuverlässiger Indikator für eine chronisch fortschreitende Nierenschädigung bzw. für die Progression einer CKD [2,3]. Dies gilt auch nach einer akuten Nierenschädigung (AKI), die häufig in eine progrediente CKD mündet, die sog. AKI-CKD-Transition. Der klinische Nutzen von DKK3 als Prädiktor für ein postoperatives AKI, und vor allem für den anschließenden Übergang in eine fortschreitende CKD wurde in großen prospektiven Studien bei Patienten nach herzchirurgischem Eingriff oder bei Patienten nach Kontrastmittelgabe während einer Herzkatheteruntersuchung hinreichend belegt [4,5].
Kollegen aus der Universitätsklinik Gießen/Marburg konnten in einer neuesten Publikation zeigen, dass die wiederholten Messungen von DKK3 im Urin auch eine fortschreitende CKD nach Nierenschädigung, ausgelöst durch COVID-19, anzeigen [6]. Sie untersuchten 55 Patienten mit COVID-19 und Nierenversagen. Patienten mit einer Abnahme der eGFR von mehr als 5 ml/min/1,73m² sechs Monate nach der stationären Aufnahme waren älter, hatten häufiger Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder eine vorbestehende Niereninsuffizienz. Sie mussten auch häufiger auf der Intensivstation behandelt werden und hatten insgesamt einen längeren Krankenhausaufenthalt. Von praktisch allen gemessenen Nierenschädigungsmarkern zu Beginn der stationären Aufnahme blieb nach 6 Monaten bei diesen Patienten nur DKK3 im Urin erhöht, und zwar in einem Bereich, der vergleichbar war wie bei anderen Populationen mit progressiver CKD [2,4]. Bei Patienten hingegen, die nach 6 Monaten kaum einen Verlust der eGFR erlitten, fiel DKK3 im Urin wieder in den unteren Bereich der Nachweisgrenze ab.
Die Autoren schlussfolgerten, dass eine bleibend erhöhte DKK3-Konzentration im Urin nach einer Nierenschädigung durch COVID-19 auf eine Chronifizierung des Nierenschadens hindeutet, wohingegen häufig verwendete Urinmarker wie z.B. Albumin oder alpha-1-Mikroglobulin im Urin weniger geeignet sind zur Erkennung von Patienten mit progressiver CKD nach COVID-19.
Literatur
1. Schunk SJ, et al. WNT-β-catenin signalling – a versatile player in kidney injury and repair. Nat Rev Nephrol 2021; 17: 172
2. Zewinger S, et al. Dickkopf-3 (DKK3) in Urine Identifies Patients with Short-Term Risk of eGFR Loss. J Am Soc Nephrol 2018; 29: 2722
3. Schunk SJ, et al. Measurement of urinary Dickkopf-3 uncovered silent progressive kidney injury in patients with chronic obstructive pulmonary disease. Kidney Int 2021 [Online ahead of print].
4. Roscigno G, et al. Urinary Dickkopf-3 and Contrast-Associated Kidney Damage. J Am Coll Cardiol 2021; 77: 2667
5. Schunk SJ, et al. Association between urinary dickkopf-3, acute kidney injury, and subsequent loss of kidney function in patients undergoing cardiac surgery: an observational cohort study. Lancet 2019; 394: 488
6. Husain-Syed F, et al. Renal markers for monitoring acute kidney injury transition to chronic kidney disease after COVID-19. Nephrol Dial Transplant 2021 [Online ahead of print].